Die Kostenkontrolle ist für Apotheken in Deutschland ein entscheidender Faktor, besonders bei der Abgabe verschreibungspflichtiger Medikamente. Hierbei spielt der sogenannte „Preisanker“ eine zentrale Rolle: Er legt fest, welche Preisgrenze bei der Abgabe von Arzneimitteln nicht überschritten werden darf. Doch was bedeutet dies konkret für den Apothekenalltag und welche Folgen hat eine Überschreitung des Preisankers? Dieser Artikel bietet einen umfassenden Überblick zum Thema und zeigt, wie Apotheken den Preisanker effektiv nutzen können.
Der Preisanker: Definition und Bedeutung für Apotheken
Der Preisanker stellt die Preisobergrenze für ein vom Arzt verordnetes Arzneimittel dar. Diese Obergrenze greift beispielsweise bei einer namentlichen Verordnung, wenn das Rezept explizit ein Arzneimittel einer bestimmten Marke nennt. Für Apotheken bedeutet dies: Das abgegebene Arzneimittel darf den Preis des verordneten Präparats nicht überschreiten. Die Preisgrenze entspricht dabei dem bereinigten Verkaufspreis, auch VK-A-Rabatt genannt, der als Vergleichsbasis dient.
Abgaberegeln für den importrelevanten Markt
Der Rahmenvertrag unterscheidet zwischen Originalverordnungen und Importverordnungen und erläutert die entsprechenden Preisgrenzen und Abgabemöglichkeiten. Hier ist eine detaillierte Erklärung:
Originalverordnung
Wenn ein Medikament mit dem Produktnamen und dem Originalhersteller oder nur mit dem Produktnamen verschrieben wird, handelt es sich um eine Originalverordnung.
Preisgrenze: Die Preisgrenze ist das Originalmedikament.
Abgabemöglichkeit:
- Entweder das Originalprodukt oder ein Import kann abgegeben werden, solange dieser nicht teurer ist als das Original.
- Falls eine Einsparzielverordnung besteht, muss diese ebenfalls berücksichtigt werden.
Importverordnung
Die Importverordnung teilt sich in zwei Kategorien: namentliche und allgemeine Importverordnung.
a. Namentliche Importverordnung
Preisgrenze: Die Preisgrenze liegt beim namentlich verordneten Import.
Abgabemöglichkeit:
- Es kann der namentlich verordnete Import oder ein preisgleiches oder günstigeres Arzneimittel (Original oder Import) abgegeben werden.
- Auch das Original kann abgegeben werden, solange es nicht teurer ist als der verordnete Import.
b. Allgemeine Importverordnung
Das Medikament wird mit dem Produktnamen und dem Vermerk „Import“ verschrieben.
Hierfür ist aktuell keine allgemeingültige Regelung vorhanden: Regionale Regelungen der Primärkassen sollten deshalb geprüft werden.
Überschreitung des Preisankers
Ein Preisanker kann unter bestimmten Bedingungen überschritten werden. Falls das verordnete Arzneimittel nicht verfügbar ist und kein alternatives Präparat zum gleichen oder günstigeren Preis angeboten werden kann, darf die Apotheke ein teureres Produkt abgeben. In solchen Fällen sind bestimmte Dokumentationspflichten zu beachten, wie die Eintragung der Sonder-PZN und der entsprechenden Begründung auf dem Rezept. Eine Rücksprache mit dem Arzt ist üblicherweise nicht erforderlich, jedoch ist eine sorgfältige Dokumentation unerlässlich, um eventuelle Retaxationen durch die Krankenkassen zu vermeiden.
Retaxationen bei Preisanker-Überschreitung
Das Risiko einer Retaxation durch Krankenkassen steigt bei Nichteinhaltung des Preisankers erheblich. Retaxationen, also Rückforderungen seitens der Kassen, können erhebliche finanzielle Folgen haben und sollten durch korrekte Einhaltung des Preisankers vermieden werden. Deshalb sind genaue Kenntnisse der Abgaberegeln und eine lückenlose Dokumentation im Apothekenalltag entscheidend. Ein korrekt geführtes Rezept inklusive Sonder-PZN und die Archivierung von Belegen über die Nichtverfügbarkeit des Arzneimittels schützen Apotheken vor Retaxationsforderungen und erleichtern die Abrechnung.
Rolle der Rabattverträge im Kontext des Preisankers
Besteht ein Rabattvertrag für das verordnete Präparat, muss die Apotheke dieses Präparat – sofern verfügbar – abgeben. Falls jedoch kein Rabattvertrag vorliegt, kann ein beliebiger Anbieter abgegeben werden, solange der Preisanker nicht überschritten wird.
Umgang mit pharmazeutischen Bedenken
Pharmazeutische Bedenken können ein triftiger Grund sein, um vom Preisanker abzuweichen. Falls Apotheker Bedenken hinsichtlich der Verabreichung des verordneten Präparats haben, dürfen sie in Abstimmung mit dem Arzt ein alternatives, eventuell teureres Präparat abgeben. Diese Ausnahme erfordert jedoch eine klare Begründung und Rücksprache mit dem verordnenden Arzt, um sicherzustellen, dass das abgegebene Arzneimittel den therapeutischen Anforderungen entspricht.
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Effiziente Umsetzung des Preisankers in Apotheken
Die Umsetzung des Preisankers ist essenziell für die Einhaltung der Abgabevorgaben in Apotheken und den wirtschaftlichen Einsatz von Arzneimitteln. Um Retaxationen zu vermeiden, ist eine exakte Dokumentation unerlässlich. Mitarbeiter*innen in Apotheken sollten zudem auf dem Laufenden bleiben, was die gesetzlichen Rahmenbedingungen und Rabattvertragsverordnungen betrifft. Ein korrektes Verständnis des Preisankers und der Ausnahmeregelungen unterstützt Apotheken dabei, die Arzneimittelversorgung zuverlässig und kosteneffizient zu gestalten.
Weiterführende Links:
Neuer Rahmenvertrag: Darf man den Preisanker überschreiten?
Preisanker – DeutschesApothekenPortal
Preisankerüberschreitung – DeutschesApothekenPortal